29. Juni 3308
Azimuth: Eine historische Perspektive (Teil 5)
Der letzte Beitrag dieser Serie beschäftigt sich mit der Wiederkehr von Azimuth und Salvations Plänen für die Zukunft.
Aegis siechte in den Monaten Februar und März des Jahres 3308 vor sich hin, da die Supermächte sämtliche Operationen auf Eis gelegt hatten. Das Führungspersonal forderte, wieder eingesetzt zu werden, nicht nur, um die Thargoiden zu bekämpfen, sondern auch, um Azimuth Biochemicals die Stirn zu bieten. Man behauptete, dass der undurchsichtige Konzern weiterhin nicht genehmigte xenologische Experimente durchführte und des Weiteren verantwortlich für Tausende Tote sei.
In der Zwischenzeit wuchs die Zahl der Thargoiden-Übergriffe. Auslöser dafür war mutmaßlich die auf der Guardian-Technologie basierende Superwaffe Salvations. Die Aggressionen erreichten mit dem zeitgleichen Überfall auf die Systeme Didio, Novas und Sosong im April 3308 einen vorläufigen Höhepunkt. Da es sich um Bevölkerungszentren von Allianz, Imperium und Föderation handelte, standen Milliarden von Leben auf dem Spiel.
Salvation und das Militär der Supermächte reagierten gemeinsam. Man setzte Großkampfschiffe von Allianz, Imperium und Föderation ein, um die Systemverteidigung zu koordinieren und zudem den Bau von drei weiteren Superwaffen zu ermöglichen. Die Interviews mit den Admirälen der jeweiligen Anti-Xeno-Spezialeinheiten offenbarten, wie sehr man sich inzwischen auf Salvation verließ.
Die Superwaffen wurden erfolgreich in allen drei Systemen eingesetzt, doch diesmal blieben keine Wracks zurück. Es war unklar, ob die Waffe an Effektivität eingebüßt hatte oder die Thargoiden ihren Einsatz vorhergesehen und sich rechtzeitig zurückgezogen hatten.
Nichtsdestotrotz wurde dies als weiterer Sieg für Salvation gefeiert. Er gab bekannt, bereits an der nächsten Generation zu arbeiten, und behauptete, mit dieser Waffe könne „der finale Schlag gegen die Spezies der Thargoiden gelingen“. Um die Entwicklung der Superwaffe zu beschleunigen, requirierte man ungeheure Mengen an Personal, Vorräten und Ausrüstung für Taurus Mining Ventures.
Im Mai 3308 folgte dann eine schockierende Enthüllung. Professor Alba Tesreau, zuvor leitende wissenschaftliche Beraterin von Aegis, erhielt einen anonymen Tipp, der sie zu einem verlassenen Außenposten im System DG Canum Venaticorum führte. Es stellte sich heraus, dass es sich um eine bislang unentdeckte Basis der INRA handelte, der Organisation, die während des 32. und 33. Jahrhunderts im Kampf gegen die Thargoiden gegründet worden war.
Die Basis bewies, dass die INRA mit Azimuth Biochemicals zusammengearbeitet hatte, um das Mycoid-Virus zu entwickeln. Diese umstrittene Biowaffe wurde im Jahr 3151 eingesetzt, um das Mutterschiff der Außerirdischen zu infizieren, was faktisch das Ende des ersten Thargoiden-Krieges einleitete.
Die Logs von Dr. Caleb Wycherley, dem Vizepräsidenten der Forschungsabteilung, berichten, wie er zu seinem Spitznamen ‚The Witch‘ kam, nachdem er von einem Thargoiden um ein Haar geblendet worden wäre. Er schwor damals, dass Azimuth sich unter seiner Führung fortan dem Ziel der Vernichtung der Thargoiden verschreiben würde: „Und wenn ich zur Rettung der Menschheit erwählt bin, dann soll es so sein.“
Die ehemaligen Anführer von Aegis sahen sich in ihrer Theorie bestätigt, dass es sich bei Salvation und ‚The Witch‘ um ein und dieselbe Person handelt, und dass Azimuth schon seit Langem im Geheimen agiert. Professor Tesreau verriet später, dass der Tipp von ‚Subjekt D-2‘ kam, dem einzigen Überlebenden der Project-Seraph-Experimente, bei denen ein menschlicher Testpilot für Thargoiden-Schiffe erschaffen werden sollte.
Manche glaubten, Aegis habe diese Logs gefälscht, denn Dr. Wycherley wäre mittlerweile über 200 Jahre alt. Doch obwohl Salvation seine wahre Identität nicht offen bestätigte, erhärtete sich der Verdacht von Aegis, als Taurus Mining Ventures sich in Azimuth Biotech umbenannte. Salvation beschrieb, wie Azimuths Forschungsabteilung unter seiner Führung als unabhängige Organisation überlebt hatte, um sich fortan ausschließlich den Thargoiden und dem unvermeidlichen bevorstehenden Konflikt zwischen den Spezies zu widmen.
Die Öffentlichkeit reagierte empört auf die Nachricht, dass der Mann, der sich als Retter der Menschheit sah, gleichzeitig für die Mycoid-Biowaffe, Project Seraph, den Angriff auf die Alexandria und weitere ethisch höchst fragwürdige Aktionen verantwortlich war. Und doch gab es nur verhaltene Reaktionen aus Allianz, Imperium und Föderation, deren Militärs mittlerweile nun schon zu eng mit Salvation zusammenarbeiteten, um die Thargoiden zu besiegen.
In der vergangenen Woche häuften sich die Indizien dafür, dass man sich bei Azimuth auf eine größere Operation vorbereitet. Möglicherweise plant Salvation, der Öffentlichkeit den weiterentwickelten Prototyp seiner Anti-Xeno-Superwaffe vorzustellen. Bald wird sich zeigen, ob es Azimuth so wirklich gelingen kann, auch den Zweiten Thargoiden-Krieg zu beenden.