Golconda


Golconda (1/5)

Hier spricht Kapitän Jonathon Forester. Die Kolonie Golconda braucht Hilfe.

Ich weiß nicht, wie ich es sonst ausdrücken soll. An alle, die diese Nachricht empfangen, hier kommt ein Bericht zur Lage. Wir haben an Bord dieses Schiffes eine vollständige Kolonie - Zehntausende von Menschen. Bis vor Kurzem konnten wir uns noch selbst versorgen, aber nun gehen uns langsam die Vorräte aus. Besonders problematisch ist der Mangel an technischen Bauteilen, Luftfilter, Wasseraufbereitung, Leiterplatten, solche Sachen. Es wird von Jahr zu Jahr schwieriger, diese Ausrüstung wieder zusammenzuflicken. Wir können uns nur mit dem behelfen, was wir haben.

Als wäre das nicht genug, geht hier zudem eine Infektionskrankheit um, die die Leute reihenweise auf die Bretter schickt. Grippesymptome, nur schlimmer. Die Leute sterben uns weg. Wir versuchen, so gut es geht mit der Situation umzugehen, aber auch die medizinischen Versorgungsgüter werden knapp. Sollte sich das Ganze zu einer handfesten Epidemie auswachsen, dann haben wir ein echtes Problem.

Daher habe ich entschieden, mich an Sie zu wenden, wer immer Sie auch sein mögen. Ich hoffe, die Technologie hat sich weiterentwickelt und unser Signal erreicht hier draußen überhaupt jemanden. Es gab hier natürlich auch Widerstande von den anderen. Die Leute hier schätzen keine Einmischung von außen. Aber ich will diese Menschen nicht beunruhigen, indem ich ihnen bezüglich unserer Situation reinen Wein einschenke. Es sind gute Leute, sie sollen keine Angst haben.

Und so sitze ich nun hier und nehme diesen Notruf auf. Vertrauen Sie mir, ich würde das nicht tun, wenn es nicht ernst wäre.

Ich weiß wirklich nicht genau, wie man so etwas anstellt, ist schon eine Weile her. Ich hoffe, Sie verstehen das.

Das war Kapitän Jonathon Forester, Ende.

Golconda (2/5)

Doktor Shay Tandis hier. Kapitän Forester bat mich, einen Bericht zur Situation an Bord der Golconda zu verfassen, vor allem in Hinblick auf die aktuell grassierende Infektionskrankheit.

Ich muss dem voranstellen, dass der Versuch, die Lage in Worte zu fassen, unzulänglich erscheint. Es gibt zu viel zu berichten über die Symptome, die Entwicklung unserer Diagnoseverfahren und die existierenden Behandlungsmöglichkeiten. Dennoch werde ich versuchen, mich zum Zwecke dieser Übertragung kurz und prägnant zum Thema äußern.

Bei der Erkrankung - von den Menschen an Bord nur der „Kuss der Auszehrung“ genannt - handelt es sich um einen mutierten Erregerstamm viraler Nasopharyngitis. Einer der Nachteile, wenn Menschen Hunderte von Jahren lang in einer atmosphärisch hermetisch abgeschlossenen Umgebung leben, ist, dass Krankheiten nicht einfach so verschwinden. Ein Schiff dieser Größenordnung lässt sich schwerlich sterilisieren, und so können Krankheitserreger sich ungestört fortentwickeln. Was dieser offensichtlich getan hat.

Antivirale Behandlungsmethoden erweisen sich als wenig effektiv, mit ihnen lässt sich lediglich das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen. In den letzten Monaten sind sechs Menschen an dem Infekt gestorben. Unsere medizinischen Versorgungsgüter werden knapp, sie reichen eigentlich nur aus, um die medizinische Grundversorgung zu sichern. Sollte es zu einem veritablen Seuchenausbruch mit Hunderten Patienten kommen, müssten wir auf Maßnahmen wie Quarantäne und Isolation zurückgreifen.

Als mir der Kapitän zum ersten Mal vorschlug, Hilfe von außen anzufordern, war ich ehrlich gesagt skeptisch. Nach reiflicher Überlegung erkannte ich jedoch, dass dies die einzig logische Maßnahme ist. Man kann sich nur vorstellen, welche gewaltigen Fortschritte die Pharmazie in den vergangenen tausend Jahren gemacht hat.
Faszinierend.

Golconda (3/5)

Ric Blanchard, Sicherheitschef der Golconda.

Das Wichtigste zuerst. Die Sicherheit der Menschen an Bord hat für mich oberste Priorität. Während meiner Dienstzeit konnten wir die Kriminalitätsrate an Bord um 32% senken. Gewaltverbrechen sind die Ausnahme, in den vergangenen sechs Jahres gab es keinen Mord. Mein Team ist hervorragend ausgebildet und macht der Golconda mit ihren spezifischen Bedürfnissen alle Ehre. Sie denken vielleicht, eine isolierte Kolonie wie diese, mit Tausenden Menschen, die weder Horizont noch Jahreszeit oder anderer Vorzüge eines planetaren Daseins kennen, müsste zwangsläufig ein tragisches Ende finden. Nun, nicht solange ich hier die Verantwortung trage.

Und daher bin ich strikt dagegen, einen Notruf abzusetzen. Die Menschheit ist nicht gerade dafür bekannt, die Rechte und das Wohlergehen indigener Gemeinschaften zu achten. Zur Hölle, wir haben schlicht keine Ahnung, wohin die Menschheit jenseits dieses Schiffes in den letzten tausend Jahren entwickelt hat. Die Risiken sind weit größer, als es die Vorteile sein könnten.

Ich leite den Befehlen des Kapitäns dennoch folge, denn er hat uns bisher nie enttäuscht. Jedem, der diese Nachricht abhört, möchte ich jedoch sagen, dass wir lediglich am Austausch von Waren interessiert sind. Die Kommunikation mit der Bevölkerung an Bord ist strikt verboten. Die Weitergabe von Nachrichten, welche die Entwicklungen jenseits von Golconda betreffen, ist verboten. Ein direkter Kontakt zwischen Außenstehenden und Kolonisten während des Austausches von Waren ist verboten.

Wir konnten bisher alle unsere Probleme selbst lösen. Ginge es nach mir, würde sich auch jetzt nichts daran ändern.

Golconda (4/5)

Hier spricht Erin Grey von der Golconda. Es ist meine Aufgabe als Verwalterin, den Bedürfnissen unser Einwohner gerecht zu werden, und dafür zu sorgen, dass alle fair repräsentiert werden. ich soll diese Nachricht wohl aufzeichnen, um die Neugierde derjenigen zu befriedigen, die unser Notrufsignal empfangen. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht recht, was ich erzählen soll.

Wir sind mehr als nur eine Kolonie, müssen Sie verstehen. Wir sind eine Familie. Wann immer ein Problem auftaucht, versuchen wir, es gemeinsam zu lösen. Haben wir Erfolg, feiern wir gemeinsam. Wir haben …

Es ist schwer, das in Worte zu fassen. Unsere Vorfahren entschieden sich vor Jahrhunderten, auf diesem Schiff zu bleiben, und das ursprüngliche Ziel nicht länger anzusteuern. Sie taten das, weil ihnen das bereits Erreichte genügte. Die Logs aus jener Zeit zeugen von ihrer Angst davor, die Golconda zu verlassen.

Die Generationenschiffe waren dazu konzipiert, die Kolonisten glücklich, gesund und bei guter Laune zu halten. Und auch wir fühlten und immer wohl hier.

Und dennoch haben alle Dinge ein Ende. Die Krankheit macht uns zu schaffen und unsere Vorräte gehen zur Neige. Nachdem wir so lange für uns selbst gesorgt haben, ist nun die Zeit gekommen, um die Hilfe einer Zivilisation zu bitten, die uns fremd geworden ist,

Der Kapitän glaubt, die Menschheit sei gütig und werde uns zu Hilfe eilen. Sollte jemand diese Nachricht empfangen, werden wir wohl nur zu bald herausfinden, ob er damit recht hat.

Golconda (5/5)

Somas Cobb, Seelsorger. Ich diene der Golconda, und die Golconda birgt mich in ihrem Schoß.

Vor langer Zeit hätte man mich einen Priester genannt. Jemanden, der die Autorität besitzt geistlichen Beistand in Übereinstimmung mit den Regeln der Religion zu leisten. Wenigstens ist dies die Aufgabe, die meine Vorgänger erfüllten.

Letztlich gab man die alten Texte zugunsten einer weniger rigiden spirituellen Philosophie auf. Kann man beim Frühstück den kompletten Sternennebel betrachten, macht einen dies nachdenklich. Es gibt nur wenige Dinge, die reinigender wirken als die Erkenntnis der eigenen völligen Bedeutungslosigkeit.

Und nun ist es meine Aufgabe, meine Brüder und Schwestern davon zu überzeugen, dass wir alle wichtig sind. Jeder von uns hat eine Rolle zu spielen. Die Größe der Bühne darf unsere Sorge nicht sein - alles, was zählt, ist, die bestmögliche Vorstellung zu bieten.

Jeder einzelne Mensch an Bord der Golconda kann seine Abstammungslinie bis ins Detail nachvollziehen. In der Gegenwart versenken wir un in Geist und Seele, so können die Stimmen der Vergangenheit unsere Zukunft gestalten. Unser Respekt vor ihnen und der Glaube, den wir ineinander setzen, schafft eine Gemeinschaft der Hoffnung.

Und nun, tausend Jahre später, strecken wir die Hand aus, und hoffen, dass die Menschheit sie greifen wird. Ich frage mich, was uns erwarten wird. Welche Lektionen hat man aus der Geschichte gelernt? Obwohl mich der Gedanke an die Außenwelt nervös macht, fasziniert mich die Frage.

Was ist aus uns geworden?